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Lexikon

Vertrauensfrage

von und

Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) stellte am 20. September 1972 vor dem Bundestag die Vertrauensfrage. Wie erwartet entzogen die Abgeordneten dem Bundeskanzler das Vertrauen. Zum ersten Mal kam es dann zu vorzeitigen Neuwahlen des Bundestages.

Vertrauen in den/die Regierungschef/in?

Der Name sagt ziemlich genau das, was gemeint ist: Wenn die Bundeskanzlerin nicht sicher ist, ob sie im Bundestag noch das Vertrauen der Mehrheit der Abgeordneten hat, stellt sie eine entsprechende Frage: "Habt ihr noch Vertrauen in meine Arbeit und wollt ihr, dass ich auch weiterhin Bundeskanzlerin bleibe?"

Die Abgeordneten stimmen ab

Wenn eine Mehrheit sagt, wir wollen diesen Bundeskanzler oder diese Bundeskanzlerin nicht mehr als Regierungschef/in haben, treten der Bundeskanzler und seine Regierung zurück. Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin kann dann das Parlament innerhalb einer Frist von 21 Tagen auflösen und Neuwahlen verkünden. Wenn aber der Bundestag einen anderen Bundeskanzler oder eine andere Bundeskanzlerin wählt, dann darf das Parlament nicht aufgelöst werden.

FAQ / Häufig gestellte Fragen

(Frequently Asked Questions - das ist die englische Übersetzung von "häufig gestellte Fragen")
Holzkopf 07.12.2023

Kann es Vor- oder Nachteile geben die Vertrauensfrage zu stellen ?

Redaktion

Hallo Holzkopf, normalerweise möchte der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin durch die Vertrauensfrage herausfinden, ob er oder sie noch das Vertrauen des Bundestages besitzt, um weiterregieren zu können und um seine oder ihre Politik durchzusetzen. Es kann aber auch sein, dass ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin in Wahrheit Neuwahlen bezwecken will mit der Vertrauensfrage. Als Beispiel können die beiden Vertrauensfragen dienen, die Gerhard Schröder gestellt hat. Als er die Frage im Jahr 2001 zum ersten Mal stellte, war es tatsächlich eine Frage des Vertrauens. Es ging um die Beteiligung der Bundeswehr am Afghanistan-Einsatz. Einige Abgeordnete der Regierungskoalition aus SPD und Grünen kündigten vorher an, dagegen zu stimmen. Da Schröder diese Abstimmung für enorm wichtig ansah und für die Beteiligung war, verknüpfte er die Abstimmung mit einer Vertrauensfrage. Das Vertrauen wurde ihm danach ausgesprochen. Als Schröder die Vertrauensfrage 2005 zum zweiten Mal stellte, ging es ihm nicht wirklich um das Vertrauen der Abgeordneten. Er wollte Neuwahlen, da er vom Volk vorzeitig einen neuen Auftrag zu regieren haben wollte. Also bat er die Abgeordneten der Koalition, die ihm eigentlich vertraut haben, ihm das Vertrauen nicht auszusprechen, damit der Bundespräsident anschließend Neuwahlen ansetzen konnte. Obwohl sie ihm eigentlich vertrauten, entzogen ihm also die Abgeordneten der Koalition das Vertrauen und es kam wie geplant im September 2005 zu Neuwahlen.

Wolf 12.04.2021

Hallo.
ich habe von einer echten und unechten Vertrauensfrage gelesen. Was ist denn da der Unterschied?

Redaktion

Hallo Wolf, in der Sprache der Politik und der Justiz wird gelegentlich dieser Unterschied gemacht. In unserem Grundgesetz gibt es ihn aber nicht. Von einer "echten" Vertrauensfrage spricht man, wenn der Kanzler oder die Kanzler wirklich das Ziel verfolgt, sicherzustellen, dass er oder sie noch das Vertrauen der Mehrheit im Bundestag hat. Wenn er oder sie dagegen die Vertrauensfrage mit dem Ziel stellt, diese zu verlieren und anschließend Neuwahlen zu erreichen, dann nennt man das eine "unechte" Vertrauensfrage.

eure weiteren Fragen dazu...

kopf 15.12.2023

Der Ablauf wenn die Vertrauensfrage gestellt wird bei einer Regierung

Redaktion

Hallo kopf, die Vertrauensfrage kann nur der Kanzler oder die Kanzlerin stellen. Wenn ihm oder ihr im Parlament das Vertrauen ausgesprochen wird, geht alles weiter bis bisher. Wenn die Vertrauensfrage aber scheitert, kann der Kanzler(die Kanzlerin) den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen anzukündigen. Ob der Bundespräsident dieser Bitte folgt, ist aber nicht klar. Er kann auch die Parteien im Bundestag auffordern, eine neue Regierung zu bilden. Eine andere Folge könnte sein, dass die Opposition ein konstruktives Misstrauensvotum stellt und versucht, auf diese Weise den Kanzler oder die Kanzlerin abzusetzen und eine/n Nachfolger/in ins Amt zu bringen.

Mimi 23.11.2023

Hallo, ich würde gern wissen, ob nur der Bundeskanzler oder auch Vertreter des Parlaments die Vertrauensfrage stellen können?

Redaktion

Hallo Mimi, die Vertrauensfrage kann nur vom Bundeskanzler (oder der Bundeskanzlerin) gestellt werden. Damit will er sich vergewissern, dass er weiter die Mehrheit im Parlament hinter sich hat. Vertreter des Parlaments haben die Möglichkeit, ein konstruktives Misstrauensvotum zu stellen. Das macht aber nur Sinn, wenn es die Chance gibt, dass der Bundeskanzler einen Teil der Abgeordneten der Regierungsparteien nicht mehr hinter sich hat.

elo 31.01.2023

Ist die Gewaltenteilung in der BRD wie das klassische modell aufgebaut?

xcx 15.09.2021

Ich hab eine Frage und zwar wollte ich fragen was die vor und Nachteile sind das die Abgeordneten die Bundeskanzler/in wählen?

Redaktion

Hallo xcx , dadurch, dass die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler vom Bundestag gewählt wird, kann jede wahlberechtigte Bürgerin und jeder wahlberechtigter Bürger auf die Wahl Einfluss nehmen. Die Bürger/innen wählen die Abgeordneten, die dann wiederum den oder die Regierungschef/in wählen. Für den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin heißt das auch, dass er oder sie nicht ohne die Unterstützung des Parlaments regieren kann. Auch dadurch wird der demokratische Wille des Volkes immer bei der Regierungsarbeit berücksichtigt. Das alles sind Vorteile der Wahl der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers durch die Abgeordneten. Einen Nachteil können wir in diesem System nicht sehen.

Ludwig 07.07.2021

Wenn die Vertrauensfrage positiv beschieden wird, bleibt dann die Kanzlerin bzw. Kanzler ohne weiteres im Amt. Also dann gibts keine Neuwahlen, sondern es geht weiter wie zuvor, oder?

Redaktion

Hallo Ludwig, genauso ist es. Das Grundgesetz sieht vor, dass die Legislaturperiode auf jeden Fall regulär beendet wird. Solange eine Kanzlerin oder ein Kanzler im Amt ist, gibt es keine Notwendigkeit für Neuwahlen. Mit dem Instrument des konstruktiven Misstrauensvotums ist ja auch dafür gesorgt, dass es jederzeit eine/n Regierungschef/in gibt. Trotzdem haben verschiedene Kanzler das Misstrauensvotum zum Anlass genommen, auf eine Neuwahl hinzuwirken. Eine besondere Rolle spielte dabei die Vertrauensfrage. Dazu findest du in unserem Lexikon einen eigenen Artikel mit weitern Informationen.

Lina 25.03.2021

Treten Kanzler, bei denen die Vertrauensfrage scheitert immer zurück? Oder gibts sowas wie eine zweite Chance?

Redaktion

Hallo Lina, eine Kanzler, der das Vertrauen des Parlaments verloren hat, muss nicht zurück treten. In der Regel bleibt eine verlorene Vertrauensabstimmung aber nicht ohne Folgen und führt über kurz oder lang doch zum Rückzug des Kanzlers. Ob ihm dann seine Partei noch einmal eine zweite Chance gibt, hängt davon ab, wie fest seine Position in der Partei ist und ob ihm die eigenen Parteikolleg/innen oder die Abgeordneten der Koalitionsparteien das Vertrauen entzogen haben.

Fiametta 25.03.2021

Also ich finde es wirklich blöd, dass nur Bundeskanzler oder Bundespräsidenten da steht. Es könnte schließlich auch eine Bundeskanzlerin oder Bundespräsidentin sein.... Für uns Mädchen macht das echt einen Unterschied! Könnt ihr das nicht ändern? :-(

Redaktion

Hallo Fiametta, du hast Recht. Das sollte heute nicht mehr so da stehen. In unserem Lexikon schauen wir deswegen bei jeder Überarbeitung darauf, dass wir eine gendergerechte Sprache verwenden. Und wir sind sehr dankbar dafür, wenn ihr uns auf solche Fälle aufmerksam macht. Wir gendern dann übrigens nicht unbedingt in jedem Fall, sondern wechseln auch gelegentlich die Geschlechter. Deutlich werden muss auf jeden Fall, dass beispielsweise alle politischen Ämter in unserem Land natürlich von Frauen und Männern gleichermaßen ausgeübt werden können.

kati 03.02.2021

Ich habe eine Frage zu der Vertrauensfrage von Schröder. Wenn man sich als Kanzler dazu entscheidet die Vertrauensfrage zu stellen, mit dem Zweck Neuwahlen zu verursachen. Welchen Sinn hat das dann für den Kanzler? Er verlässt ja dann sein Amt als Kanzler. In der Erklärung stand er würde einen neuen Regierungsauftrag haben wollen. Aber wieso bleibt er nicht einfach dann im Amt?

Redaktion

Hallo kati, als Gerhard Schröder 2005 die Vertrauensfrage stellte, machte er das, weil er die Unterstützung seiner eigenen Partei zum Teil verloren hatte. Der Grund dafür waren die so genannten Hartz-Reformen der Regierung, die von vielen Mitgliedern der SPD scharf abgelehnt wurden. Dies führte zu schweren Niederlagen der SPD bei Landtagswahlen. Das Vertrauen vieler SPD-Abgeordneten in "ihren" Kanzler ging verloren. Schröder hätte sich im Bundestag nicht mehr sicher sein können, immer eine Mehrheit für seine Politik zu bekommen. Darum entschied er sich, Neuwahlen anzustreben, um klare Verhältnisse zu schaffen. Dabei hoffte er natürlich, dass er diese Neuwahlen gewinnen würde. Mehr zu dieser spannenden Geschichte kann du auf dieser Seite des Deutschen Bundestags lesen.

Louis 28.01.2021

Welche Vorteile bzw.Nachteile kann es für den Bundeskanzler oder der Bundeskanzlerin haben die Vertrauensfrage zu stellen ?

Redaktion

Hallo Louis , normalerweise möchte der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin durch die Vertrauensfrage, wie oben im Text bereits beschrieben, in Erfahrung bringen, ob er oder sie noch das Vertrauen des Bundestages besitzt, um weiterregieren zu können und um seine oder ihre Politik durchzusetzen. Es kann aber auch sein, dass ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin in Wahrheit Neuwahlen bezwecken will mit der Vertrauensfrage. Als Beispiel können die beiden Vertrauensfragen dienen, die Gerhard Schröder gestellt hat. Als er die Frage im Jahr 2001 zum ersten Mal stellte, war es tatsächlich eine Frage des Vertrauens. Es ging um die Beteiligung der Bundeswehr am Afghanistan-Einsatz. Einige Abgeordnete der Regierungskoalition aus SPD und Grünen kündigten vorher an, dagegen zu stimmen. Da Schröder diese Abstimmung für enorm wichtig ansah und für die Beteiligung war, verknüpfte er die Abstimmung mit einer Vertrauensfrage. Das Vertrauen wurde ihm danach ausgesprochen. Als Schröder die Vertrauensfrage 2005 zum zweiten Mal stellte, ging es ihm nicht wirklich um das Vertrauen der Abgeordneten. Er wollte Neuwahlen, da er vom Volk vorzeitig einen neuen Auftrag zu regieren haben wollte. Also bat er die Abgeordneten der Koalition, die ihm eigentlich vertraut haben, ihm das Vertrauen nicht auszusprechen, damit der Bundespräsident anschließend Neuwahlen ansetzen konnte. Obwohl sie ihm eigentlich vertrauten, entzogen ihm also die Abgeordneten der Koalition das Vertrauen und es kam wie geplant im September 2005 zu Neuwahlen.

Pascal 26.01.2021

Können Bürger auch eine Vertrauensfrage stellen?

Redaktion

Hallo Pascal, die Vertrauensfrage ist ein Begriff, der vor allem in der Politik verwendet wird und dort auch ganz klaren Vorgaben folgt. Bürgerinnen und Bürger können dort keine Vertrauensfrage stellen. Aber sie haben in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit, bei Wahlen zum Ausdruck zu bringen, ob sie der Regierung vertrauen oder nicht. Natürlich ist es beispielsweise auch für einen Vereinsvorsitzenden möglich, seinen Mitgliedern die Vertrauensfrage zu stellen. Dafür gibt es aber keine so klaren Vorgaben zum Ablauf, wie das bei der Vertrauensfrage im Parlament der Fall ist.

philip 26.09.2007

wer hat die vertrauensfrage gestellt und wann?

Redaktion

Hallo philip, bisher ist die Vertrauensfrage von den früheren Bundeskanzlern fünf Mal gestellt worden. Von Willy Brandt, dem 1972 das Vertrauen nicht ausgesprochen wurde; von Helmut Schmidt, dem der Bundestag das Vertrauen 1982 aussprach. Die Vertrauensfrage von Helmut Kohl scheiterte 1982. Gerhard Schröder hat zweimal die Vertrauensfrage gestellt. 2001 hat er es ausgesprochen bekommen und 2005 nicht.

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